Monday, May 14, 2007

christine von luebeck, deutschland

Beruflich bedingt, habe ich eine Schweigepause eingelegt, aber keineswegs eine Erich-Kästner-Pause! Unser neunjähriger Sohn ist fasziniert von den Kinderromanen Erich Kästners. Er liest sie selbst, er lässt sie sich vorlesen, und das so oft, dass er inzwischen ganze Passagen auswendig zitieren kann. Es klingt für mich fast banal, diese Bücher als „Klassiker“ zu bezeichnen. Was zeichnet sie denn aus? Was macht sie zu Klassikern? Wie kann es angehen, dass sechs Jungen in einem Regionalexpress von Kiel nach Lübeck „Emil und die Detektive“ hören wollten (auf Hin- und Rückfahrt!) und bei jeder Pause, die ich brauchte, um meinen Stimmbändern etwas Flüssigkeit und Ruhe zu schenken, „Weiter, weiter!“ schrieen?

Ich glaube, dass es nicht nur Erich Kästners Verständnis für Kinder ist, die spannende Handlung, die jeden seiner Kinderromane auszeichnet. Sondern er schreibt in seinen Romanen für Kinder mit großer Wahrhaftigkeit. Er liebt die Stadt, in der er lebt, Berlin, er schildert sie voller Gefühl. Er schildert Begegnungen, die jedem Kind einleuchten und Mut geben! Er schreibt über Liebe, Freundschaft und Ehrlichkeit – Gefühle, die jedes Kind bewegen, die auszusprechen aber nicht immer einfach sind.

Zwei Beispiele: „Es war schon dunkel geworden. Überall flammten Lichtreklamen auf. Die Hoch-bahn donnerte vorüber. Die Untergrundbahn dröhnte. Straßenbahnen und Autobusse, Autos und Fahrräder vollführten ein tolles Konzert. … Die Kinos, die am Nollendorfplatz liegen, begannen mit der letzten Vorstellung. Und viele Menschen drängten hinein. „So ein großer Baum …“ meinte Emil, „ kommt einem hier ganz ulkig vor. Nicht? Er sieht aus, als hätte er sich verlaufen.“ Der Jun-ge war bezaubert und gerührt.“ (Emil und die Detektive)

„Der Kummer packte den Jungen im Genick und rüttelte ihn hin und her. Der Justus stand erschro-cken daneben. Er wartete eine Weile. Er wusste, dass man mit dem Trösten nicht zu früh anfan-gen darf.“ (Das fliegende Klassenzimmer)

Ich könnte noch manches andere Beispiel bringen, will mich aber den Gedichten zuwenden!

Hier sind sie:
march_tiles

Der März


Sonne lag krank im Bett,
sitzt nun am Ofen.
Liest, was gewesen ist.
Liest Katastrofen.

Springflut und Havarie,
Sturm und Lawinen,-
gibt es denn niemals Ruh
drunten bei ihnen?

Schaut den Kalender an.
Steht drauf: „Es werde!“
Greift nach dem Opernglas.
Blickt auf die Erde.

Schnee vom vergangenen Jahr
blieb nicht der gleiche.
Liegt wie ein Bettbezug
klein auf der Bleiche.

Winter macht Inventur.
Will sich verändern.
Schrieb auf ein Angebot
aus andern Ländern.

Mustert im Fortgehn noch
Weiden und Erlen.
Kätzchen blühn silbergrau.
Schimmern wie Perlen.

In Baum und Krume reget
sich`s allenthalben.
Radio meldet schon
Störche und Schwalben.

Schneeglöckchen ahnen nun,
was sie bedeuten.
Wenn Du die Augen schließt,
hörst du sie läuten.


Der April

Der Regen klimpert mit einem Finger
die grüne Ostermelodie.
Das Jahr wird älter und wird täglich jünger.
O Widerspruch voll Harmonie!

Der Mond in seiner goldnen Jacke
versteckt sich hinter dem Wolken-Store.
Der Ärmste hat links eine dicke Backe
und kommt sich ein bisschen lächerlich vor.
Auch diesmal ist es dem März geglückt:
Er hat ihn in den April geschickt.

Und schon hoppeln die Hasen,
mit Pinseln und Tuben
und schnuppernden Nasen,
aus Höhlen und Gruben
durch Gärten und Straßen
und über den Rasen
in Ställe und Stuben.

Dort legten sie Eier, als ob`s gar nichts wäre,
aus Nougat, Krokant und Marzipan.
Der Tapferste legt eine Bonbonniere.
Er blickt dabei entschlossen ins Leere.
Bonbonnieren sind leichter gesagt als getan.

Dann geht es ans Malen. Das Dauert Stunden.
Dann werden noch seidene Schleifen gebunden.
Und Verstecke gesucht. Und Verstecke gefunden:
Hinterm Ofen, unterm Sofa,
in der Wanduhr, auf dem Gang,
hinterm Schuppen, unterm Birnbaum,
in der Standuhr, auf dem Schrank.

Da kräht der Hahn den Morgen an!
Schwupp, sind die Hasen verschwunden,
Ein Giebelfenster erglänzt im Gemäuer.
Am Gartentor lehnt und gähnt ein Mann.
Über die Hügel läuft grünes Feuer
Die Büsche entlang und die Pappeln hinan.
Der Frühling, denkt er, kommt also auch heuer.
Er spürt nicht Wunder noch Abenteuer,
weil er sich nicht mehr wundern kann.

Liegt dort nicht ein kleiner Pinsel im Grase?
Auch das kommt dem Manne nicht seltsam vor.
Er merkt gar nicht, dass ihn ein Osterhase
Auf dem Heimweg verlor.

Thursday, March 01, 2007

Emil Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren und als Sohn von Ida und Emil Kästner registriert. Die Legende, Sohn von Emil Kästner zu sein, verbreitete Erich Kästner zum Schutz (des Rufes) seiner Mutter selbst weiter, unter anderem in seinem Werk „Als ich ein kleiner Junge war“, durch das er seiner Geburtsstadt, dem barocken Elbflorenz, ein zauberhaftes Denkmal setzte.

Meine nächstjüngere Schwester und ich haben Erich Kästner in unserer Kindheit regelmäßig zum Geburtstag geschrieben. Und jedes Jahr bekamen wir jeweils eine Antwort! Von ihm selber handgeschrieben und persönlich an uns adressiert. Ich hebe diese freundlich- zugewandten Grüße wie kleine Schätze auf …
kaestner
Erst 1982, acht Jahre nach Erich Kästners Tod, wurde die Wahrheit über die Kästnersche Familiengeschichte aufgedeckt: Erich Kästners leiblicher Vater war der Sanitätsrat Dr. Zimmermann, Hausarzt der Familie und – Jude. Also wird wohl auch die Mutter zum Schutz (des Lebens) des Sohnes viele Jahre lang geschwiegen haben, denn Erich Kästner blieb auch während der Hitlerzeit, als seine Bücher verbrannt und verboten wurden und er selber Schreibverbot hatte, in Deutschland.

Notwendige Antwort auf überflüssige Fragen (1943)

Ich bin ein Deutscher aus Dresden in Sachsen.
Mich lässt die Heimat nicht fort.
Ich bin wie ein Baum, der – in Deutschland gewachsen –
Wenn´s sein muss, in Deutschland verdorrt.

Aber nun zum Februargedicht!

Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt ja doch nur eins: die Zeit.

Pünktlich holt sie aus der Truhe
Falschen Bart und goldnen Kram.
Pünktlich sperrt sie in die Truhe
Sorgenkleid und falsche Scham.

In Brokat und seidnen Resten,
eine Maske vorm Gesicht,
kommt sie dann zu unsren Festen.
Wir erkennen sie nur nicht.

Bei Trompeten und Gitarren
Drehn wir uns im Labyrinth
Und sind aufgeputzt wie Narren,
um zu scheinen, was wir sind.

Unsre Orden sind Atrappe.
Bunter Schnee ist aus Papier.
Unsre Nasen sind aus Pappe.
Und aus welchem Stoff sind wir?

Bleich, als sähe er Gespenster,
mustert und Prinz Karneval.
Aschermittwoch starrt durchs Fenster.
Und die Zeit verlässt den Saal.

Pünktlich legt sie in die Truhe
Das Vorüber und Vorbei.
Pünktlich holt sie aus der Truhe
Sorgenkleid und Einerlei.

Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt uns doch nur eins: die Zeit.

Wednesday, January 31, 2007

Been listening and reading poems on the Poetry Archive. What a ray of sunshine on this grey winter day.

Most particularly, I listened to the wonderful Australian poet, Les Murray, read his poems:


The Tin Wash Dish (here)

He talks about “lank poverty, dank poverty; what it is, where it comes from, and how, having left it behind, it still has the power to draw you back.

The Last Hellos (here)

This is farewell to his father who died three months before he wrote the poem. Not in the least sentimental. Beautifully touching.

Monday, January 22, 2007

christine from lübeck, germany

Erich Kästner ist als Autor von Kinderromanen bekannt und beliebt, weniger bekannt sind schon seine Romane für Erwachsene und noch weniger bekannt sind seine Gedichte. Dabei waren es Gedichtbände wie zum Beispiel „Herz auf Taille“, die den jungen Autor in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts schlagartig ebenso berühmt wie umstritten machten.

Eine kleine Gedichtsammlung von Erich Kästner, entstanden vor ungefähr fünfzig Jahren, heißt: „Die Dreizehn Monate“. Ich möchte die Gedichte im Laufe dieses Jahres vorstellen und vorweg aus dem Vorwort von Erich Kästner zitieren:

„Die hier gesammelten Gedichte schrieb, im Lauf eines Jahres, ein Großstädter für Großstädter. Links von Block und Bleistift lag der fünfte Band des kleinen Brehm, „Die deutsche Tierwelt“. Zur Rechten lagen „Unsere Pflanzenwelt“ und ein Leitfaden, der, fragwürdig genug, „Die deutsche Schulflora“ hieß. Die Bücher mussten zur Hand sein. Eine Zeitschrift hatte die Gedichte bestellt. Illustriert werden sollten sie außerdem. So blieb dem Autor nichts übrig, als dem Kalender vor-zugreifen. … Zwölf Monate lang war er dem Jahr um sechs Wochen voraus. Er konnte nicht „nach der Natur“ arbeiten, sondern nur „aus dem Gedächtnis“, und darauf war, wie er bald merkte, kein Verlass.

Er schämte sich. War denn nicht die Prozession der Monate, froh und bunt und düster, mehr als fünfzig Mal an ihm vorüber gezogen? An den Augen vorbei und, oft genug und feierlich, durchs ganze Gemüt? Nun sollte er nichts tun als die Vergangenheit prophezeien, und er konnte es nicht. Die Erinnerungen verschwammen wie in einem billigen Spiegel. Aber es lag nicht am Spiegel. Es lag an den Erinnerungen. Es lag an den großen Städten. Sie hatten Baum und Strauch und Wiese aus den Mauern gejagt. …

Die hier gesammelten Gedichte schrieb ein Großstädter für Großstädter. Er versuchte sich zu be-sinnen. … Man müsste wieder spüren: Die Zeit vergeht und sie dauert, und beides geschieht im gleichen Atemzug. Der Flieder verwelkt, um zu blühen. Und er blüht, weil er welken wird. Der Sinn der Jahreszeiten übertrifft den Sinn der Jahrhunderte.

Die zweite Austreibung aus dem Paradies hat stattgefunden. Und Adam und Eva haben es dies-mal nicht bemerkt. Sie leben auf der Erde, als lebten sie darunter. .. Was, nun gar, können ein paar Verse vermögen? Sie wurden trotzdem notiert. Es hatte wieder einmal und wie so oft, das letzte Wort – das kleine Wort Trotzdem.“

Die „Monatsgedichte“ sind nicht mehr die Gedichte des jungen Erich Kästner, über den sich die literarische (deutsche) Welt in den gar nicht goldenen zwanziger Jahren der 20. Jahrhunderts em-pörte. Es sind Gedichte eines Mannes, der, trotz Berufsverbots, während der Hitlerzeit in Deutsch-land ausgeharrt hatte, die Zerstörung seiner Heimatstadt Dresden erlebt hatte und nach dem zwei-ten Weltkrieg – endlich – Ruhm und Anerkennung fand.

Über Erich Kästner werde ich in den nächsten Monaten mehr schreiben, aber jetzt kommt …

Der Januar

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Der Weihnachtsmann ging heim in seinen Wald.
Doch riecht es noch nach Krapfen auf der Stiege.
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Man steht am Fenster und wird langsam alt.

Die Amseln frieren. Und die Krähen darben.
Und auch der Mensch hat seine liebe Not.
Die leeren Felder sehnen sich nach Garben.
Die Welt ist schwarz und weiß und ohne Farben.
Und wär so gerne schwarz und weiß und rot.

Umringt von Kindern wie der Rattenfänger,
Tanzt auf dem Eise stolz der Januar.
Der Bussard zieht die Kreise eng und enger.
Es heißt, die Tage würden langsam länger.
Man merkt es nicht. Und es ist trotzdem wahr.

Die Wolken bringen Schnee aus fremden Ländern.
Und niemand hält sie auf und fordert Zoll.
Silvester hörte man`s auf allen Sendern,
dass sich auch unterm Himmel manches ändern
und, außer uns, viel besser werden soll.

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Und ist doch hunderttausend Jahre alt.
Es träumt vom Frieden. Oder träumt´s vom Kriege?
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Und stirbt in einem Jahr. Und das ist bald.

Saturday, September 16, 2006


Kaum ein Gedicht gibt für mich die Stimmung des Septembermonats (in diesen Breiten) so gut wieder wie das Gedicht „To Autumn“ von John Keats. Leider habe ich keine deutsche Übersetzung des Gedichts gefunden.

John Keats entwickelte sich in seinem kurzen Leben – er wurde im Oktober 1795 in London geboren und starb bereits 1820 in Rom an Tuberkulose – zu einem der bedeutendsten Dichter der englischen Romantik. Dieses Gedicht ist sehr romantisch, gleichzeitig sehr durchdacht. Naturbeobachtungen geben den Rahmen, nämlich Beginn und Ende, wobei am Anfang Pflanzen stehen und Keats sehr schön wiedergibt, was wir gerade jetzt erleben: das zweite, trügerische Aufblühen nach der Hitze des Sommers. Das Gedicht schließt mit dem Blick auf die Tierwelt, die uns eindeutig zeigt, dass der Herbst da ist: die Schwalben sammeln sich zum Abflug, die Lämmer sind schon fast Schafe geworden … Der Mittelteil ist die plötzliche und unvermittelte Ansprache an den Herbst selbst. Ist es der Herbst? Ist es ein geliebter Mensch, den wir in der Ferne sehen?

Sehr schön finde ich auch, wie selbstbewusst-sommerlich der erste Vers beginnt, und die beiden folgenden Verse mit Fragen auf Veränderung, Verunsicherung hinweisen.

„Hier ruht jemand, dessen Name in Wasser geschrieben wurde“ steht auf dem Grabstein von Keats. Mit diesem und anderen Gedichten hat er seinen Namen verewigt.

To Autumn

Season of mists and mellow fruitfulness,
Close bosom-friend of the maturing sun;
Conspiring with him how to load an bless
With fruit the vines that round the thatch-eves run;
To bend with apples the moos´d cottage-trees,
And fill all fruit with ripeness to the core;
To swell the gourd and plump the hazel shells
With a sweet kernel; to set budding more,
And still more later flowers for the bees,
Until they think warm days will never cease,
For summer has o´erbrimmed their clammy cells.

II

Who hath not seen thee oft amid thy store?
Sometimes whoever seeks abroad may find
Thee sitting careless on a granary floor,
Thy hair soft-lifted by the winnowing wind;
Or on a half-reap´d furrow sound asleep,
Drows´d with the fume of poppies, while thy hook
Spares the next swath and all its twined flowers;
And somtimes like a gleaner thou dost keep
Steady thy laden head across a brook;
Or by a cyder-press, with patient look,
Thou watchest the last oozings hours by hours.

III

Where are the songs of spring? Ay, where are they?
Think not of them, thou hast thy music, too,-
While barred clouds bloom the soft- dying day,
And touch the stubble-plains with rosy hue;
Then in a wailful choir the small gnats mourn
Among the river swallows, borne aloft
Or sinking as the light wind lives or dies;
And full-grown lambs loud bleat from hilly bourn;
Hedge-crickets sind; and now with treble soft
The red-breast whistles from a garden-croft:
And gathering swallows twitter in the skies.

von John Keats


No other poem reflects the moods of the month September – at least in this part of the world - better, I think, than the poem “To Autumn” by John Keats.

In his short life – Keats was born in London in Oktober 1795 and died of tuberculosis (in Rome) in 1820 – he developed into one of England`s leading romantic poets. This ode to autumn is very romantic and at the same time carefully thought through. Descriptions of nature at the beginning (flora) and the end (fauna) give a sort of frame to poem. The beginning decribes what we can see around us right now: the second – deceptive - flowering of plants after summer`s heat, whereas at the end, taking animals into our view, we are reminded of the fact that this is no longer summer. Swallows gather, lambs are fully grown. The middle part is a sudden unexpected speech to autumn itself. Or is it to a beloved person the author sees in the distance?

What I also like a lot is the self assured summerly beginning of the first verse, while the second and third begin with questions –signs of change in confidence and .... “Stimmung” which often go along with the setting in of autumn.

“Here lies one whose name was writ on water” is the insciption on Keats` gravestone. With this and other poems he has written down his name for eternity.

To Autumn

Season of mists and mellow fruitfulness,
Close bosom-friend of the maturing sun;
Conspiring with him how to load an bless
With fruit the vines that round the thatch-eves run;
To bend with apples the moos´d cottage-trees,
And fill all fruit with ripeness to the core;
To swell the gourd and plump the hazel shells
With a sweet kernel; to set budding more,
And still more later flowers for the bees,
Until they think warm days will never cease,
For summer has o´erbrimmed their clammy cells.

II

Who hath not seen thee oft amid thy store?
Sometimes whoever seeks abroad may find
Thee sitting careless on a granary floor,
Thy hair soft-lifted by the winnowing wind;
Or on a half-reap´d furrow sound asleep,
Drows´d with the fume of poppies, while thy hook
Spares the next swath and all its twined flowers;
And somtimes like a gleaner thou dost keep
Steady thy laden head across a brook;
Or by a cyder-press, with patient look,
Thou watchest the last oozings hours by hours.

III

Where are the songs of spring? Ay, where are they?
Think not of them, thou hast thy music, too,-
While barred clouds bloom the soft- dying day,
And touch the stubble-plains with rosy hue;
Then in a wailful choir the small gnats mourn
Among the river swallows, borne aloft
Or sinking as the light wind lives or dies;
And full-grown lambs loud bleat from hilly bourn;
Hedge-crickets sind; and now with treble soft
The red-breast whistles from a garden-croft:
And gathering swallows twitter in the skies.

by John Keats

Sunday, September 10, 2006

Poetry’s a zoo in which you keep demons and angels” Les Murray

A while ago, my brother sent me this link of a poetry website called, The Poetry Archive. An explanation of the site goes as follows:

“The Poetry Archive is the world's premier online collection of recordings of poets reading their work.”

It is a revelation to hear poets recite their poems. It might be apparent to you all, but listening to poems in the last weeks has made me aware of a simple truth, and that is, the only way to live or experience or understand a poem is to hear the author’s speak the words. To read a poem is a very poor substitute to hearing. Without the voice… its intonation, articulation, accent, so much meaning is lost.

For example, listen to Jackie Kay reminisce about her imaginary friend, Brendon Gallacher. Brilliant. And all the more so, for her warm Scottish accent.

Or, try listening to Polly Peters read about how painful bullying can be in her and Andrew Fusek Peters’ poem, Bruises Heal.

Monday, September 04, 2006

Gingo Biloba

Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie`s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich Eins und doppelt bin?

Johann Wolfgang von Goethe

Gingo Biloba

Eastern foilage of this tree,
just entrusted to my garden,
hidden secret may there be,
source of pleasure to its warden.

Is the leaf One living being,
seperated in itself?
Is the twofold shape I´m seeing
proof of One united self?

In reply to this your query
I have found the proper key:
Listen to my song and hear me,
I am One, but two in thee!

Johann Wolfgang von Goethe


Wer meinen Eintrag “Metamorphose der Pflanzen” gelesen hat, könnte jetzt befürchten, dass ich keine anderen Gedichte kenne als die Johann Wolfgang von Goethes. So ist es aber nicht.

Ich habe dieses berühmteste aller Gedichte über den ältesten Baum der Erdgeschichte aus mehreren Gründen für den Monat August ausgesucht:

Immer wieder war ich in diesem sehr heißen Sommer erfreut, wie unberührt von allem Sommerstress, den die Pflanzenwelt zu erleiden hatte, unser kleiner Gingkobaum seine interessanten Blätter entfaltete. Ein Grund für mich, auf diese Pflanze aufmerksam zu machen! Gingkobäume gab es schon, als noch Dinosaurier die Erde bevölkerten. Es ist eine der ältesten Pflanzenarten, die es auf der Welt gibt, und gleichzeitig eine ungeheuer widerstandsfähige Pflanzenart. Das kann nicht überraschen – wie hätte sie sonst überleben sollen? Überlebt hat sie übrigens in China („… der von Osten….“).

Einige Details: Gingkobäume werden als Alleebäume in den am meisten verschmutzten Städten der nördlichen Hemisphäre gepflanzt, weil sie es schaffen, selbst dort zu überleben und die Luft zu filtern. Die einzige Pflanze, die nach dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima im August 1945 in einem Umkreis von einem Kilometer überlebte und neu ausschlug, war ein Baum dieser Art. Und natürlich hat der Gingkobaum auch große Heilkräfte. Wer sich für Einzelheiten über diesen Baum interessiert, kann sie an vielen Orten im Internet finden.

Schließlich wollte ich gerne auch einmal einen zweisprachigen Eintrag machen. Die Übersetzung stammt von meinem Vater. Er interessiert sich zutiefst für Sprachen und Kommunikation. Neben seiner Muttersprache (Deutsch) spricht er Englisch, Dänisch, Russisch, Französisch und etwas Italienisch – und verbringt er einen Teil seiner Zeit damit, Gedichte und Novellen aus dem Englischen ins Deutsche bzw. aus dem Deutschen ins Englische zu übersetzen. Diese Übersetzung nannte er „First Attempt of a Translation into English“.

Ganz kurz noch etwas zu dem Gedicht: typisch für Goethe ist – wieder einmal - die Verbindung von Natur (der Baum), Wissenschaft (es war ein ganz neue, gerade erst entdeckte Pflanzenart, als er das Gedicht schrieb) und Liebe („eins und doppelt“). Interessant ist auch der Wechsel von Betrachtung und Neutralität in den ersten zwei Strophen zu der unvermittelten Ansprache der geliebten Person in der letzten Strophe – ein totaler Stimmungsumschwung, wie wir alle ihn oft erleben.

Gingo Biloba

Eastern foilage of this tree,
just entrusted to my garden,
hidden secret may there be,
source of pleasure to its warden.

Is the leaf One living being,
seperated in itself?
Is the twofold shape I´m seeing
proof of One united self?

In reply to this your query
I have found the proper key:
Listen to my song and hear me,
I am One, but two in thee!

Johann Wolfgang von Goethe

Gingo Biloba

Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie`s den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als Eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn:
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Dass ich Eins und doppelt bin?

Johann Wolfgang von Goethe

Whoever read my entry „Metamorphose der Pflanzen“ might fear that I know no other poems but those by Johann Wolfgang von Goethe. That is not the case, though.

I selected this famous poem about the oldest existing species of trees for several reasons:

All through this unusually hot summer I was pleased to see how untouched by any summer tress our little Gingko tree continued to thrive and unfold its interesting leaves. A good reason for me to try and draw attention to this plant! Gingko trees existed already when dinosaurs inhabited our planet. They are one of the oldest plants living on our earth – and very resilient. That is no surprise, of course – how else would they have survived?

A few details: Gingko trees are planted along streets in the dirtiest cities of the northern hemisphere, because they are the only trees to survive there - and filter out fresh air. There was only one plant to survive the atomic bomb thrown on Hiroshima in August 1945 very close to the dropping (1/2 mile) – and that was a Gingko tree. Growing and blooming again soon after. Naturally, this tree has a lot of healing abilities to human beings as well.

Another reason for me to choose this poem was that I felt like making a bilingual entry. My father did the translation; he takes a deep interest in language and communication. Apart from his mother tongue (German) he speaks English, Danish, Russian, French and a little Italian – and he spends part of his time translating poems and short stories from English into German – and vice versa. He called this translation “First Attempt of a Translation into English” – quite a good attempt to my feeling.

Last but not least a few words about the poem: it is a typical poem by Goethe, combining reflections on nature (tree), science (the species he writes about had just been discovered in China when he wrote the poem) and love (one, but two in thee). What I also find interesting is the unexpected change from reflecting upon a theme in the first two rhymes to the sudden turning to the beloved woman (“thee”) in the last rhyme – a change of feeling many of us have felt at one or the other point of life, I suppose.

Friday, July 21, 2006

Wenn man dem Rezitator Lutz Görner glauben darf, gibt es in Deutschland ungefähr 200.000 Menschen, die sich regelmäßig mit Lyrik beschäftigen. Ich gehöre zu diesen Menschen. Wir sind also eine ziemlich große Gruppe – und stehen auch nur 79. 800.000 Deutschen gegenüber, die sich nicht für Gedichte interessieren. Wer sich für Gedichte interessiert, kommt am wohl größten deutschen Dichter und Denker, Johann Wolfgang von Goethe nicht vorbei. Eines seiner Gedichte, die Metamorphose der Pflanzen, geht mir, besonders im Frühling und Sommer, viel durch den Kopf. Bevor ich es aufschreibe, möchte ich aber ein paar Gedanken zu Goethe festhalten.

Der größte deutsche Dichter und Denker? Wohl ja. Gibt es eine Heinezeit? Eine Droste-Hülshoff-Zeit? Eine Fleming-Zeit? Nein. Aber die Goethezeit gibt es. Schon das mag ein Hinweis sein. Goethe war Schriftsteller, Jurist, Gärtner, Maler, Naturwissenschaftler, Theaterregisseur, Minister in verschiedenen Funktionen, Frauenliebhaber, Schillerfreund, um nur einiges aufzuzählen. Den letzten Beweis für die Richtigkeit der Evolutionstheorie Darwins … fand, was nur wenige wissen, Goethe – den menschlichen Zwischenkieferknochen. Eine Arbeitsgemeinschaft auf höchstem Niveau, wie es sie nie wieder gab: Goethe und Schiller. Eine Liebebeziehung ganz besonderer Art: Goethe und Charlotte von Stein.

Nun aber zu dem Gedicht. Als Goethe es niederschrieb, hatte er, in ganz groben Zügen, folgendes Leben hinter sich. 1749 ins mittelalterliche Frankfurt am Main geboren, wuchs er in einem großbürgerlichen Hause auf. 350 Jahre hätte ein einfacher Arbeiter leben müssen, um das zu verdienen, was Vater Goethe in seinen Sohn investierte. Aber es war ja eine Investition, die sich lohnte … Goethe studierte Rechtswissenschaften, übte diesen Beruf aber, wie so viele Juristen, nie aus. Mit Anfang zwanzig schrieb er den Weltbestseller „Die Leiden des jungen Werthers“. Wenige Jahre später rief ihn Carl August, Fürst und Herrscher des winzigen Reiches Sachsen- Weimar, an den dortigen Hof. Goethe war 26 Jahre alt, als er nach Weimar ging, der Herrscher Carl August 18 Jahre. Fest entschlossen, nur wenige Jahre in dem winzigen Nest, „ … von allen Fürstentümern eines der elendsten“, zu verbringen, blieb Weimar für den Rest seines Lebens der Mittelpunkt von Goethes Leben. Er übernahm verschiedene Ministerämter, war zehn Jahre lang mehr Politiker als Dichter, und stand in enger Beziehung zu Charlotte von Stein, die großen Einfluss auf ihn hatte: „Träufelst Mäßigung in meine Seele, warst mir Schwester oder Braut ...“. Und dann begannen die Intrigen, das Feilschen, die Politik ihn mehr und mehr anzuwidern:

„Der du von den Himmeln bist, alle Qualen stillest,
den, der doppelt elend ist, doppelt mit Erquickung füllest.
Ach, ich bin des Treibens müde, was soll all` die Qual und Lust?
Süßer Friede, komm, ach komm in meine Brust.“

Um diesen Frieden zu finden, floh Goethe in einer Nacht- und Nebelaktion aus Weimar nach Italien, wo er zwei Jahre lang unter einem Pseudonym lebte. Der Herzog Carl August, sein Freund, gewährte ihm nachträglich Urlaub und zahlte in diesen zwei Jahren sein Ministergehalt weiter! Zurückgekehrt nach Weimar verliebte er sich in die lebensfrohe, lebensvolle und viel jüngere Christiane Vulpius, mit der er neunzehn Jahre in wilder Ehe lebte. Bei der Hochzeit war der gemeinsame Sohn August bereits achtzehn Jahre alt!

Das Gedicht Metamorphose der Pflanzen ist, auch wenn das nicht ganz leicht zu erkennen ist, ein Liebesgedicht auf Christiane, auf die Liebe und das Leben. Gleichzeitig ist es eine Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragen (gab es eine Urpflanze oder nicht?) – und mit literarischen Fragen. Das Gedicht reimt sich nämlich nicht! Damit greift Goethe auf alte griechische Formen zurück und verweist gleichzeitig – trotz seines für uns ungewohnten Sprachgebrauchs - auf die Moderne.

Hier ist es:

Metamorphose der Pflanzen

Dich verwirret, Geliebte, die tausendfältige Mischung
Dieses Blumengewühls über dem Garten umher;
Viele Namen hörest du an, und immer verdränget
Mit barbarischem Klang einer den andern im Ohr.
Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern;
Und so deutet der Chor auf ein geheimes Gesetz,
Auf ein heiliges Rätsel. O könnt` ich dir, liebliche Freundin,
Überliefern sogleich glücklich das lösende Wort!
Werdend betrachte sie nun, wie nach und nach sich die Pflanze,
Stufenweise geführt, bildet zu Blüten und Frucht.
Aus dem Samen entwickelt sie sich, sobald ihn der Erde
Stile befruchtender Schoß hold in das Leben entlässt,
Und dem Reize des Lichts des heiligen, ewig bewegten,
Gleich den zärtesten Bau keimender Blätter empfiehlt.

Einfach schlief in dem Samen die Kraft; ein beginnendes Vorbild
Lag, verschlossen in sich, unter die Hülle gebeugt,
Blatt und Wurzel und Keim, nur halb geformet und farblos;
Trocken hält so der Kern ruhiges Leben bewahrt,
Quillet strebend empor, sich milder Feuchte vertrauend,
Und erhebt sich sogleich aus der umgebenden Nacht.
Auch einfach bleibt die Gestalt der ersten Erscheinung;
Und so bezeichnet sich auch unter den Pflanzen das Kind.
Gleich darauf ein folgender trieb, sich erhebend, erneuet,
Knoten auf Knoten getürmt, immer das erste Gebild.
Zwar nicht immer das gleiche; denn mannigfaltig erzeugt such,
Ausgebildet, du siehst`s immer das folgende Blatt,
Ausgedehnter, gekerbter, getrennter in Spitzen und Teile
Die verwachsen vorher ruhten im untern Organ.
Und so erreicht es zuerst die höchst bestimmte Vollendung,
Die bei manchem Geschlecht dich zum Erstaunen bewegt.
Viel gerippt und gezackt, auf mastig strotzender Fläche,
Scheinet die Fülle des Triebs frei und unendlich zu sein.
Doch hier hält die Natur, mit mächtigen Händen, die Bildung
An und lenket sie sanft in das Vollkommenere hin.
Mäßiger leitet sie nun den Saft, verengt die Gefäße,
Und gleich zeigt die Gestalt zärtere Wirkung an.
Stille zieht sich der Trieb der strebenden Blätter zurücke
Und die Rippe de Stiel bildet sich völliger aus.
Blattlos aber und schnell erhebt sich der zärtere Stengel
Und ein Wundergebild zieht den Betrachtenden an.


Wende nun, Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel,
Das verwirrend sich nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt.

Jede Pflanze verkündet die nun die ew`gen Gesetze,
Jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit Dir.


Oh, gedenke denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntschaft
Nach und nach uns holde Gewohnheit entspross,
Freundschaft sich mit Macht aus unserem Inneren enthüllte,
Und wie Amor zuletzt Blüten und Früchte gezeugt,
Denke, wie mannigfach bald die, bald jene Gestalten,
Still entfaltend, Natur unseren Gefühlen geliehn!
Freue Dich auch des heutigen Tages! Die heilige Liebe
Strebt zu der höchsten Frucht gleicher Gesinnungen auf,
Gleicher Ansicht der Dinge, damit in harmonischem Anschaun
Sich verbinde das Paar, finde die höhere Welt.